Architektur beeinflusst unser Leben auf vielfältige Weise, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Ich bin oft achtlos durch Straßen gelaufen oder habe mich in Wohnungen und Häusern aufgehalten, ohne dem Umfeld besondere Beachtung zu schenken. Es war halt einfach da, ohne dass ich weiter darüber nachgedacht habe.
Bei der Wahl meiner weiterführenden Schule (vor langer langer Zeit ;)) stand ich vor zwei Optionen mit sehr unterschiedlicher Architektur. Die eine Schule hat eine Holzkonstruktion mit viel Glas, die andere war ein Betongebäude in modularem Aufbau. Mein Bauchgefühl entschied sich für die Schule mit der Holzkonstruktion. Hier habe ich mich zum ersten Mal, zwar nicht bewusst, sondern intuitiv für das Gebäude entschieden, in dem ich mich wohler gefühlt habe. FUN FACT Heute würde ich das andere Schulhaus auswählen 🙂
Diese Erinnerung hat mir gezeigt, wie stark Architektur unser Wohlbefinden und somit unsere Entscheidungen beeinflussen kann. Es lohnt sich, bewusster wahrzunehmen, wie die gebaute Umgebung auf uns wirkt und welche Gefühle sie in uns auslöst, um es in den weiteren Schritten auch anzuwenden. Architektur ist mehr als nur Funktionalität – sie formt unsere täglichen Erfahrungen und kann unser Leben auf leise, aber bedeutsame Weise beeinflussen.
Inhalt
Toggle1. Von welcher “Architektur” spreche ich in diesem Artikel?
Architektur ist so ein großer Begriff, für mich beinhaltet sie aktuell den Innenraum und auch den Aussenraum, und das in verschiedenen Maßstäben, vom Detail bis hin zum Stadtraum. Auch das Zusammenspiel verschiedener Elemente, Materialien und Formen gehört mit dazu.
2. Warum Architektur für uns alle wichtig ist – gerade in unserem Alltag.
Im Alltag begegnet uns Architektur ständig: zu Hause, in der Freizeit, in Bildungseinrichtungen und am Arbeitsplatz. Selbst auf dem Weg von einem Ort zum Anderen sind wir von Architektur umgeben. Dabei geht es nicht nur um Innenräume, sondern auch um die Gestaltung des öffentlichen Raums. Plätze werden durch die Fassaden der umliegenden Gebäude geprägt, Straßen durch die angrenzenden Häuser definiert. Die Anordnung, Höhe und Distanz der Gebäude zueinander beeinflussen maßgeblich, wie wir uns in Räumen fühlen.
Ein faszinierender Aspekt der Architektur ist ihre Fähigkeit, soziale Interaktionen zu fördern oder zu hemmen. Sicher kennst du folgende Sitzgelegenheiten: In der Münchner Fußgängerzone finden sich Bänke, die um Bäume herum angeordnet sind, mit nach außen gerichteten einzelnen Sitzflächen. Diese Anordnung ermöglicht es Fremden, nebeneinander zu sitzen, ohne direkt miteinander kommunizieren zu müssen. Zugleich verhindern sie das Liegen auf den einzelnen Sitzflächen. Im Gegensatz dazu steht der klassische Sitzkreis, wie du ihn sicher von Lagerfeuern kennst, der das Miteinander und den Austausch fördert.
In deinem Zuhause ist die Architektur, der gebaute Raum wichtig. Es ist die Hülle in der sich dein Leben zuhause abspielt. Wenn du mit deiner Familie zusammenlebst kommen noch mehr Personen hinzu. Jedes Mitglied braucht seinen eigenen Rückzugsort und gleichzeitig müssen auch Gemeinschaftsräume vorhanden sein. Es geht darum, eine Balance zwischen Individualität und Gemeinschaft zu schaffen. Dabei hilft es, eine gute Grundlage zu entwickeln, damit sich jeder trotz unterschiedlicher Dynamiken und Anforderungen im Familienalltag zu Hause wohlfühlen kann.
Interessanterweise kann ein minimalistischer Ansatz in der Einrichtung mit Kindern gut funktionieren. Die Kinder bringen Leben und Farbe ins Haus, während die Erwachsenen durch Reduktion und Struktur leichter Ordnung erhalten oder wiederherstellen können. So entsteht eine lebendige Mischung.
Für neurodivergente Menschen ist die Gestaltung des Wohnraums besonders wichtig. Jeder Mensch hat individuelle Bedürfnisse, daher ist es entscheidend, diese zu kennen und das Zuhause entsprechend anzupassen. Aspekte wie Struktur, Akustik und Licht spielen dabei eine große Rolle.
3. Ästhetik und Funktionalität im Alltagsleben.
Die Kunst der Raumgestaltung geht weit über das bloße Platzieren von Möbeln hinaus. Inspiriert von Camillo Sittes Ansatz zur Stadtplanung, können wir ähnliche Prinzipien auf die Gestaltung unserer Wohnräume anwenden:
Der Schlüssel zu einer gelungenen Raumgestaltung liegt in der Berücksichtigung menschliche Bewegungsmuster. Anstatt dich auf die statische Positionierung von Möbeln zu konzentrieren, kannst du dich fragen, wie du dich im Raum bewegst. Wie bewegen sich deine Kinder in Räumen? Ein gut gestalteter Raum ermöglicht freie und natürliche Bewegungsabläufe – mit Ausnahme des Schlafzimmers, wo Ruhe und Entspannung im Vordergrund stehen.
Besonders in Familienhaushalten, wo viel Aktivität herrscht, ist eine durchdachte Raumaufteilung von großer Bedeutung. Kinder und ihre Freunde sorgen für ein ständiges Kommen und Gehen. Hier ist es wichtig, dass auch die Bewegung gut funktioniert und freie Fläche vorhanden ist. Ständiges Umgehen von Möbeln kann den Alltag unnötig erschweren.
Bei der Möbelauswahl und -anordnung empfehle ich dir die Funktionalität in den Vordergrund stellen. Die raumbegrenzenden Bauteile sind die Hülle, geordnet durch die Möbel und gefüllt mit eurem Leben und all den dazu benötigten Dinge.
Bei der Gestaltung des Wohnraums kannst du noch weitere grundlegende Punkte beachten:
– Zum Beispiel ist die Beleuchtung entscheidend für die Atmosphäre. Du kennst sicher den Spruch: „Schalte nie das große Licht ein“, oder? Statt einer einzelnen hellen Deckenlampe sind mehrere kleinere Lichtquellen oft angenehmer und schaffen eine gemütliche Stimmung.
– Für das Thema der grundlegenden Stimmung kannst du auch deine Wandfarbe anschauen: – wer hat eigentlich gesagt, dass alles immer weiss sein soll? Oder das bunt immer gut ist? Welche Nuancen gibt es und wie spielen sie zusammen?
– Auch die Materialwahl ist wichtig, wobei es nicht nur um die Optik geht. Die Haptik spielt eine genaue große Rolle – warm – kalt – glatt – weich usw. Manche Materialien eignen sich für manche Bereiche einfach besser als andere.
Letztendlich geht es darum, einen Raum zu schaffen, der sowohl ästhetisch ansprechend als auch funktional ist. Es ist ein Balanceakt zwischen deinem persönlichen Geschmack, den praktischen Überlegungen und den Bedürfnissen all deiner Familienmitglieder. Ein gut gestaltetes Zuhause kann das Wohlbefinden und die Lebensqualität deiner ganzen Familie verbessern.
4. Soziale Auswirkungen der Architektur.
Architektur hat einen tiefgreifenden Einfluss auf unser soziales Miteinander. Besonders in Familien können bestimmte architektonische Entscheidungen das Zusammenleben unterstützen.
Denken wir zurück an unsere Vorfahren, die sich um das wärmende Feuer versammelten – der einzige Ort, an dem Wärme und Gemeinschaft zu finden waren. Diese uralte Tradition spiegelt sich heute in der Bedeutung der Küche wider, dem Ort, an dem Wärme und Nahrung entstehen und das Leben pulsiert.
Ein zentrales Element in meinem Zuhause ist darum der große Esstisch. Er dient als Mittelpunkt für verschiedene Aktivitäten: Hier wird gearbeitet, gelernt, gebastelt, diskutiert und gefeiert. Dieser Tisch symbolisiert die Gemeinschaft in meiner Familie. Gleichzeitig ist es mir wichtig, jedem Familienmitglied seinen eigenen Raum und Rückzugsmöglichkeit zu bieten. Diese persönlichen Bereiche respektiere ich und überlasse deren Gestaltung den individuellen Vorlieben meiner Kinder.
5. Wie du Architektur im Alltag bewusst wahrnehmen kannst.
Architektur im Alltag bewusst wahrzunehmen, kann unser Leben bereichern und unsere Umgebung in einem neuen Licht erscheinen lassen.
Ich habe hier ein paar Vorschläge, die du ohne viel Aufwand ausprobieren kannst und vielleicht später auch an anderen Orten anwenden kannst:
Versuch, einmal dein Zuhause mit „neuen“ Augen zu sehen, damit meine ich: wenn du nach Hause kommst oder einen Raum betrittst, weißt du im Normalfall ja schon was dich erwartet. Versuche dein Zuhause einmal ohne vorgefertigte Meinung und Erwartung zu betrachten und zu erleben. Und danach nicht sofort schauen was schön ist oder was nervt – also bewerten – sondern nur wahrnehmen:
– Wie kommst du neutral nach Hause? Befrage deine Sinne: Was sehe ich? Wie riecht es? Was fühle ich, wenn ich meine Schuhe ausziehe oder den Schlüssel ablege? Was höre ich? Wie ist das Licht? Tags und nachts?
– Wie kommst du neugierig nach Hause? Befrage deine Intuition: Was begrüßt mich? Wer wohnt hier? Welche Interessen gibt es hier?
Diese Sachen ergeben ein Bild und daraufhin kannst du dich weiter fragen: Bin das ich (und meine Familie)? Bin ich es aktuell oder möchte ich etwas ändern?
Das kannst du zum Beispiel im Flur machen. Hier steht die Funktionalität sehr im Vordergrund und gleichzeitig ist es auch wichtig, dass das Ankommen positiv gestaltet wird, damit jeder gern heimkommt. Geh in deinen Flur rein und beobachte, wie der Raum auf dich wirkt. Wie ist die Beleuchtung? Ist es ordentlich oder liegen viele Dinge herum? Hast du genügend Platz? Kannst du überhaupt deine Jacke aufhängen und deine Schuhe abstellen?
Oder in einem Raum, wo du und deine Familie länger verweilen, zB in der Küche.
Gibt es einen Raum, den du besonders magst? Beobachte doch mal, was du an diesem Raum schätzt. Vielleicht ist es das Tageslicht oder die angenehme Atmosphäre. Frag dich: Wie fühle ich mich hier? Und warum fühle ich mich so?
In dem du diese bewusste Wahrnehmung übst, wirst du nach und nach ein tieferes Verständnis für die Architektur in deinem Alltag entwickeln. Du wirst erkennen, wie Räume dein Wohlbefinden beeinflussen und sicher Ideen entwickeln, was dir gut tut.
6. Fazit und Ausblick
Architektur im Alltag ist ein faszinierendes Thema, das uns alle umgibt, begleitet und beeinflusst. Es ist erstaunlich, wie sehr unsere gebaute Umgebung unser tägliches Leben prägt, oft ohne dass wir es bewusst wahrnehmen.
Ich freu mich, wenn du dir die Zeit nimmst und deine Umgebung mit neuen Augen betrachtest. Achte darauf, welche Aspekte dir und deiner Familie gut tun. Welche Räume, Formen oder Strukturen sprechen dich an? Gibt es wiederkehrende Muster? Wenn du positive Aspekte rausgefunden hast, kannst du versuchen, sie in deinem Lebensraum einzuarbeiten. Manchmal können kleine Veränderungen große Wirkung haben und den Alltag erleichtern oder verschönern.
Ich freue mich sehr von deinen Entdeckungen und Erfahrungen zu hören. Schreib mir gern eine Mail: